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Interview mit Kämmerer Höring:
„Wir brauchen dringend eine Reform“
Gegenwart und Zukunft der Olfener Finanzen
Der städtische Haushalt ist eingebracht, vom Rat beschlossen, vom Kreis genehmigt und vom Landrat gelobt. Wir wollten von Kämmerer Alexander Höring wissen, wie Olfen finanziell die Gegenwart meistert und in die Zukunft blickt.
Herr Höring, könnten Sie uns einen Überblick über den Haushalt 2025 geben und wie es Ihnen gelungen ist, unter den aktuellen Rahmenbedingungen einen positiven Haushalt aufzustellen?
Dieser Haushalt ist nun mit einem Jahresüberschuss von 737 T€ geplant, was ich als tolles Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit bewerte. Die Zusammenarbeit mit den Fachbereichen und die kritische Betrachtung der eigenen Haushaltspositionen haben dabei sehr geholfen. Und schon im Jahr 2024 haben wir intensiv die erneute Haushaltskonsolidierung begonnen, welche nun enorm zu diesem guten Haushalt beigetragen hat.
Welche Maßnahmen haben Ihrer Meinung nach vorrangig dazu beigetragen, den Haushalt auszugleichen und positiv zu gestalten?
Wir haben uns 2024 mit den deutlich verschlechterten Rahmenbedingungen, welche von außen auf uns einwirken, beschäftigt und zusammen mit dem Großteil der Politik 41 Maßnahmen zur Stärkung unseres Haushaltes auf den Weg gebracht – die Haushaltskonsolidierungsliste. Diese frühzeitige Weichenstellung hilft uns heute enorm. Darüber hinaus hilft uns sicherlich auch immer wieder die ausgeprägte Arbeit auf Geschäftsfeldern außerhalb unserer hoheitlichen Aufgaben. So sind beispielsweise auch Grundstücksgeschäfte ein wichtiger Teil zur Finanzierung des Gemeinwohls und somit zur Darstellung eines positiven Haushaltes.
Gibt es bestimmte Strategien oder Ansätze, die Olfen von anderen Kommunen unterscheidet?
Das ist immer schwer zu sagen. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus weiß ich, dass auch in anderen Städten alles versucht wird, um eine bestmögliche Wirtschaftlichkeit herzustellen. Olfen ist da aber vielleicht noch ein Stück weiter und hat die Finanzen immer schon im Fokus. Frühzeitige Weichenstellungen wie die Erarbeitung einer Haushaltskon-solidierungsliste sind nicht selbstverständlich und werden auch politisch nicht immer so gut getragen wie hier in Olfen. Darüber hinaus ist die Umtriebigkeit bei weiteren Geschäftsfeldern herausragend. Das sind zwei Faktoren, welche Olfen sicherlich von anderen abheben.
Gab es Herausforderungen, die überwunden werden mussten, um dieses positive Ergebnis zu erzielen? Und wie wurden diese bewältigt?
Ich glaube, die größten Hürden haben wir bereits mit dem Haushalt 2024 genommen, als ein Umdenken stattfinden musste. Wir haben die Mitarbeiter sensibilisiert, Spielräume eingeschränkt, die Haushaltsdisziplin in den Fokus genommen und das Thema breit in der Verwaltung platziert. Denn auch vor Olfen machen die großen deutschlandweiten Probleme nicht halt. Der Präsident des deutschen Städte- und Gemeindebundes hat die aktuellen Probleme der Kommunen nicht umsonst die größte Finanzkrise der Kommunen in der Nachkriegsgeschichte genannt.
Was heißt das genau? Ist der Rahmen aktuell wirklich so schlecht?
Die Städte befinden sich derzeit deutschlandweit im Krisenmodus. Herausforderungen wie die Unterbringung geflüchteter Menschen, die Kinderbetreuung, die massiv steigenden sozialen Leistungen wie Eingliederungs- und Jugendhilfe usw. bei immer mehr zugesprochenen Aufgaben und immer weniger Fachkräften ergeben eine toxische Mischung, die viele Kommunen in die Handlungsunfähigkeit drängt. Dies wiederum gefährdet akut die kommunale Selbstverwaltung. Hierauf machen alle kommunalen Entscheidungsträger aufmerksam, nur Gehör konnte man sich bisweilen nicht verschaffen.
Was bedeutet das für Olfen? Steht es um Olfen irgendwann auch so schlecht?
Dieser Rahmen wirkt selbstverständlich auch auf Olfen. Wir sind nicht ausgenommen von gesamtgesellschaftlichen Fehlentwicklungen. Dennoch ist die Lage hier nicht so zugespitzt wie beispielsweise im Ruhrgebiet. Dank der soliden und umsichtigen Finanzpolitik der vergangenen Jahre – Stichwort Ausgleichsrücklage - sowie der erwähnten frühzeitigen Weichenstellungen, sind wir als Stadt wirtschaftlich gesund und keinesfalls pleite.
Wie sind die langfristigen Erwartungen für Olfen unter diesen Bedingungen?
Erst einmal haben wir für die Mittel-fristplanung bis einschließlich 2028 einen wellenförmigen Trend. Durch Engagement, weitere Konsolidierungsmaßnahmen und Geschäftstüchtigkeit in Sektoren wie dem Grundstücksverkauf kann der Trend für einzelne Jahre umgekehrt werden, sodass wir weiter positiv bleiben. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass wir eine Reform der Kommunalfinanzen benötigen. So kann es beispielsweise nicht sein, dass wir als Kommunen den Großteil der Eingliederungshilfen über die LWL-Umlage tragen oder aber auch die Hilfe zur Pflege über die Kreisumlage refinanzieren.
Wieso sollte die Kommune diese Hilfen nicht tragen?
Es handelt sich dabei um gesamtgesellschaftliche Aufgaben, welche dementsprechend durch Bund und Länder getragen werden müssten. Dort werden ja auch die Gesetze für diese Aufgaben beschlossen, welche wir über unsere Finanzen ausgleichen müssen.
Aber wieso ist das ein Problem für die Kommunen? Das war doch schon immer so oder nicht?
Grundsätzlich ist das immer so gewesen, was es aber nicht richtiger macht. Diese Aufgaben sind in den vergangenen Jahren immer teurer geworden. Ausufernde Gesetzgebung sowie einfach deutlich mehr Fallzahlen lassen die Kosten explodieren. Die Kreis- und Jugendamts-umlage, worüber diese Leistungen mitfinanziert werden, liegt für Olfen mittlerweile bei fast 12 Mio €. Allein diese Kosten sind seit 2020 um über 60 % gestiegen. Eine Million Euro im Monat gehen so an den Kreis. Eine unfassbare Summe und eine enorme Belastung unserer Liquidität.
Dennoch ist es Ihnen gelungen, sich dem Trend entgegenzustellen...
Was mit den Strukturen hier in Olfen und der Anpackermentalität auch kein Problem war. Mit diesen Voraussetzungen ist vieles möglich.
Gibt es noch etwas, dass Sie abschließend zum Haushalt 2025 sagen können?
Wir haben einen guten Plan erarbeitet, den wir bereits mit Leben füllen und umsetzen möchten. Wir stemmen weiterhin große Investitionen wie das Rathaus und das Hallenbad, bauen die Schule aus, kümmern uns um das Gemeinwohl. Vereinsarbeit und soziale Einrichtungen werden unterstützt und bezuschusst sowie große Klima- und Umweltmaßnahmen angestoßen oder fortgesetzt. Wir haben einen starken Haushalt mit vielen freiwilligen Leistungen, der auch vom Landrat gelobt wurde. Darauf können wir stolz sein. ABER: Die Arbeit geht immer weiter.
Stadtzeitung Ausgabe 02/2025
Text und Foto: WK für Stadt Olfen