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Volkstrauertag
am 19.11.2023
Hier können Sie die Rede von Herrn Sendermann nachlesen:
(Es gilt das gesprochene Wort)
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
mit Trauer, aber auch mit Empörung blicken wir auf den Krieg in der Ukraine. Dort führt der russische Angriff, der nun schon anderthalb Jahre andauert, zu entsetzlichem Leid. Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer mussten bisher schon ihre Wohnung verlassen, viele, sogar aus ihrem Heimatland fliegen. Die Daheimgebliebenen müssen täglich um ihr Leben und den Verbleib ihrer Liebsten fürchten – aufgrund von Angriffen aus der Luft, direkten Kampfhandlungen am Boden und des Terrors der russischen Besatzer. In den russisch besetzten Gebieten der Süd- und Ostukraine bleiben Ihnen grundlegende Menschenrechte verwehrt. Unvorstellbar scheint, dass es in naher Zukunft wieder ein friedliches und vertrauensvolles Miteinander zwischen Ukrainer und Russen geben kann. Unvorstellbar auch deshalb, weil die russische Regierung hierfür zuerst erkennen müsste, dass ihr Angriff einen eklatanten Bruch des Völkerrechts darstellt.
Als europäische Zivilgesellschaft ist es unsere Aufgabe, weiterhin die Solidarität mit der Ukraine zu leben. Am Volkstrauertag, an dem wir alle Opfer von Gewalt und Kriegen auf der gesamten Welt gedenken, heißt das auch, die Ukrainerinnen und Ukrainer in ihrer Trauer nicht allein zu lassen, sondern in ihrer Seite zu stehen.
Auf der individuellen Ebene ist Leid nie relativ, sondern immer absolut. Wir trauern daher gleichermaßen um jeden und jede Einzelne. Damit verdeutlichen wie auch, dass der gewaltsame Tod eines Menschen immer etwas Endgültiges hat und niemals reversibel ist. Gleichwohl hat er eine Bedeutung für die Nachwelt.
Für uns Deutsche bedeutet es, dass unser Totengedenken in Bezug zu den Weltkriegen eine Mahnung ist. Die Toten – der vergangenen wie die aktuellen Kriege – zeigen uns, wie fragil der europäische Frieden ist und wie wichtig es ist, sich aktiv gemeinsam für den Frieden zu engagieren, Vorurteile abzubauen und freiheitliche und menschenwürdige Lebensbedingungen dort zu erkämpfen, wo es sie nicht gibt, und sie dort zu verteidigen, wo sie angegriffen werden.
Nicht genug damit, haben wir in Israel einem Krieg gegen den Terror. Ziel ist es, die Strukturen der Hamas zu zerschlagen, damit ein furchtbarer Angriff wie der, der am 7. Oktober begonnen hat, nicht mehr möglich ist. Dieses Ziel ist nachvollziehbar: um der Sicherheit Israels willen und angesichts von mehr als 1.300 Toten und etwa 150 als Geiseln Verschleppten.
Israel will auch Vergeltung für das, was passiert ist. Deshalb schlägt die Armee nun mit aller Härte zu. Das sorgt für eine furchtbare Lage unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Grund für die vielen Toten und Verletzten dort ist aber auch, dass die Hamas die Menschen im Gazastreifen als Schutzschilde missbraucht und ihr Leid in Kauf nimmt.
Doch um die Terrorstrukturen der Hamas zu zerschlagen, reichen nicht nur Bombardements des Gazastreifens. Es geht den Israelis um Vergeltung - aber nicht darum, wie es weiter gehen kann mit Gaza, wenn der Krieg vorbei ist. Das betrifft auch die große Frage, wie Israelis und Palästinenser nach diesem Krieg zusammenleben wollen. Die Terrororganisation Hamas steht nur für einen Teil der Palästinenser. Sie wird unterstützt von Iran und Katar und wohl auch von der Türkei und von Russland. Insoweit ist der Konflikt im Machtspiel der Weltmächte.
Ich hoffe, endlich bald beginnt ein Nachdenken über einen beständigen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, für die Zeit nach dem Krieg. Wir alle hoffen nach den vielen erschreckenden Bildern, dass das bald passieren wird.
Und mit den Wirkungen auch dieser Konflikte haben wir eine Debatte um die Flüchtlinge in Deutschland, an der unsere Gesellschaft auseinanderbrechen kann. Das macht mir große Sorgen.
Die Treffen mit den Ministerpräsidenten kürzlich in Berlin war für unseren Kanzler ein historischer Moment. Ich bezweifele, dass das eine Wende in der Asyl- und Migrationspolitik war. Und das hat für mich nichts mit Parteipolitik zu tun.
Die Politik und Behörden haben aus Naivität und Desinteresse Vieles lange ignoriert. Einerseits ließen die Bundesregierungen von Adenauer bis Scholz Millionen Muslime einreisen und hier sesshaft werden – andererseits verwehrten sie ihnen volle Teilhabe, duldeten sie nur als Gastarbeiter oder Flüchtlinge, als Bürger zweiter Klasse, grenzten sie aus. Eine schizophrene Politik, in deren Folge in vielen Großstädten Parallelgesellschaften entstanden – von Berlin bis Bremen, von Köln bis Frankfurt. Erdoğan, Assad und die Mullahs aus Teheran durften derweil ungestört ihre Propaganda in deutschen Moscheen und Vereinen, in türkischen, arabischen und iranischen Exilmedien verbreiten. So hat der deutsche Staat sich den muslimischen Antisemitismus nicht nur selbst ins Land geholt. Er hat ihn auch noch genährt.
Wir erleben gerade einen Kipppunkt in unserer Gesellschaft. Viele Menschen haben ihr Vertrauen in die Politik und in staatliche Institutionen verloren, weil sie sehen, dass Bund, Länder und Kommunen nicht mehr in der Lage sind, die vielen Geflüchteten ordentlich unterzubringen und vor allem sie in unsere Gesellschaft zu integrieren. Wir werden in Deutschland der Sache nicht mehr Herr. Dabei geht es nicht nur um´s Geld, was wir eigentlich schon nicht mehr haben. Was wir jetzt aber am meisten brauchen, ist endlich wieder Einigkeit in unserem Lande. Auch zu diesem Thema. Wir müssen nicht alle alles richtig finden. Aber wir brauchen endlich wieder ein konsequentes und wirksames Vorangehen. Das würde ich mir wüschen. Gerade an einem Tag wie diesen.